„Über Mauern geschaut“
Was Kultur kann – und soll

Aus zeit- und kulturgeschichtlichen Dokumenten für die Zukunft lernen: Ulrich Eckhardts Sammlung von Essays, Reden, Gesprächen und Konzeptpapieren aus einem halben Jahrhundert Kulturarbeit verdichten sich zu einem ebenso facettenreichen wie anregenden Lehrbuch für die Kulturmanager von heute und morgen. Es sind die orientierungsstiftenden Geschichten zu den großen kulturhistorischen Aufbrüchen und kulturpolitischen Umbrüchen der vergangenen Jahrzehnte, die für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts eine unverzichtbare Grundlage bilden.

Über Mauern geschaut
Was Kultur kann – und soll
Zahlreiche SW- und Farbabbildungen sowie Originaldokumente
320 Seiten, kartoniert, € 29,90
B&S Siebenhaar Verlag

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Pressestimmen

Dieses Buch ist eine Fundgrube, als Erinnerung an eine zwei Epochen umgreifende Kulturperiode und als Einblick in jene Haltung, die Kulturmanagement zu einer ins Innere der Zeit greifenden Tätigkeit macht; sein Stoff wird durchstrahlt von der prätentionslosen Lebendigkeit, der zupackenden Frische, die diesen habituellen Projektemacher bis heute auszeichnen. Im Ruhestand hat er sich, der einmal Kapellmeister und Korrepetitor war, aufs Neue der Musik verschrieben, er spielt Klavier und Orgel, wo immer es geht, führt die Galerie seiner verstorbenen Frau weiter (ihr ist das Buch gewidmet) und sieht inmitten aller Aktivitäten seinem 85. Geburtstag entgegen. Wenn dann Freunde und Würdenträger gratulierend vor seiner Tür stehen, wird er allen Lobreden wehren und auf das verweisen, was hier und heute nottut, um die Gegenwart aufzuhellen und der Zukunft vorzuarbeiten. Wie er das zu seiner Zeit geschafft hat, verrät er am Ende einer „Checkliste für Kulturarbeiter“: „sich immer dessen bewußt sein, innerhalb einer Equipe tätig zu werden, von sich selbst absehen, der Sache dienen und den Geist zielgerichteter Gemeinsamkeit pflegen“.

Friedrich Dieckmann, Theater der Zeit

Ulrich Eckhardt, zeitweilig auch Intendant der Berliner Philharmoniker und wie Hilmar Hoffman ein Avantgardist der Soziokultur, hat wie kein anderer jahrzehntelang das Kulturleben West-Berlins geprägt. An seinem Beispiel müssen sich die Nachfolger messen lassen. Der vorliegende Band, der seine Tätigkeit in Essays, Reden und Originaldokumenten dokumentiert, dient nicht nur dem historischen Rückblick, sondern liefert Maßstäbe auch für heutige Kulturmanager.

Albrecht Dümling, Neue Musikzeitung

Von 1973 bis zum Jahr 2000 hat Ulrich Eckhard die Berliner Festspiele geleitet und dabei mit großem Geschick den Ost- West-Dialog gefördert, obwohl von Seiten der DDR die Insel West-Berlin lange gemieden wurde. Aber dennoch ließ der Strippenzieher nicht davon ab, über die Mauer(n) ideologischen Starrsinns zu blicken und mit wohldurchdachtem Taktgefühl bei den vielen Festivals, für die er verantwortlich zeichnete, auf das verbindende Element der Kultur zu pochen. … Im Interview mit dem Literaturwissenschaftler und Verleger Klaus Siebenhaar verdeutlicht Eckhardt, wie viele Facetten dieses Essential hat. Der Jurist und Dirigent … betont in diesem Gespräch, wie wichtig für ihn die „aufklärerische Haltung“ ist: „Artikel 1 des Grundgesetzes und der Sozialstaat – das war und ist, verkürzt gesagt, mein Kompass für die Kulturarbeit.“ Das Buch sei jenen zur Lektüre empfohlen, die das große Rad der Kultur weiterdrehen möchten, wo und wie auch immer. Auch für Besucher von Kultur­veranstaltungen erschließt Eckhardt ganz neue Seiten.“

Volker Oesterreich, Rhein-Neckar-Zeitung

… Essays, Reden, Gespräche und Konzeptpapiere, die eine anregende Lektüre bieten und eine der dynamischsten Perioden des Berliner Kulturlebens Revue passieren lassen. Geradezu prophetisch wirkt etwa Eckhardts Essay „Zukunftswerkstatt Berlin“ von 1980, in dem er von einem Ort „der Erneuerung und des Übergangs“ schreibt. Neben dem thematischen Schwerpunkt „Die Stadt und ihre Festspiele“ bietet die Sammlung Beiträge zu den großen Berliner Veranstaltungen der 1980er Jahre, während das Kapitel „Wendezeiten-Zeitenwende“ den gesellschaftlichen Wandel nach 1989 in Erinnerung ruft. Durch alle Beiträge zieht sich Eckhardts aufklärerische Haltung, die, wie er selbst sagt, „voraussetzungslos und ohne Bezug zu Autoritäten oder ideologische Instanzen aus eigenem Erleben heraus“ formuliert wurde. Ein Appell, sich der humanen Grundwerte zu versichern und die fundamentalen Aufgaben zu erkennen, die der Kultur gerade in Zeiten von Regression, Gewaltzunahme und globalen Konflikten zukommt.

Harald Hodeige, 128 – das Magazin der Berliner Philharmoniker

Getrieben von einem „pädagogischen Eros“ hat Ulrich Eckhardt dem Publikum stets umfangreiche Begleit-Publikationen zu seinen Veranstaltungen an die Hand gegeben, zwecks vertiefender Nacharbeit des Gesehenen oder Gehörten qua Lektüre. Repräsentative Beispiele dieser Materialien zur „Erweiterung der Weltsicht“ versammelt „Über Mauern geschaut“, zumeist in Form von Vorworten, kulturpolitische Statements, Interviews und gesellschaftskritischen Essays. …
Gründlich gelesen zu werden ist … der Anspruch von „Über Mauern geschaut“.

Frederik Hanssen, Der Tagesspiegel

Wenn man seinen umfangreichen, großformatigen und reich bebilderten „Arbeitsbericht“ (320 S.) liest, wird einem die große Vielfalt einer kreativen Kulturpolitik der 1970er bis 1990er Jahre bewusst: Was war in dieser Zeit für einen einfallsreichen Geist nicht alles möglich, namentlich im Felde der Erinnerungspolitik, dem Ost-West-Dialog sowie der europäischen Wertediskussion. In diesem breiten Wirkungsfeld – stets dem „Freiraum der Künste“ (wie er es nennt) verpflichtet – wurde Ulrich Eckhardt in dieser Zeit zu einem der wichtigsten kulturpolitischen Akteure weit über Berlin hinaus.
Eckhardts kulturpolitisches Nachdenken begann im Kulturdezernat der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Seine „Theorie“ holte er sich – wie er es ausdrückt – seit 1970 in den Loccumer Kulturpolitischen Kolloquien. Auf dieser Basis entstand dann auch sein – immer noch lesenswerter Beitrag in meinen „Plädoyers für eine Neue Kulturpolitik“ (1974), gleichsam in der kritischen Auswertung seine ersten Berliner Festspielerfahrungen unter der bezeichnenden Überschrift „Krise und Zukunft des Festivals“. …
Ulrich Eckhardt, dessen Lebenscredo der erste Artikel unseres Grundgesetzes ist, hat in seiner beruflichen Arbeit den Leitgedanken der Kulturpolitischen Gesellschaft realisiert, die er 1976 mitbegründete: „Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik“. …

Olaf Schwencke, Kulturpolitische Mitteilungen


Aus dem Inhalt

I. Referenzen
Kulturpflege als Kommunikationssystem 1969
Eckhardt bewirbt sich 1972
Am Ort geschichtlicher Verantwortlichkeit 1994
„Ich gehörte nicht zum ‚System Eckhardt’“ 2001

II. Die Stadt und ihre Festspiele
Brief an das Publikum 1974
Zukunftswerkstatt Berlin 1980
Festspiele in Berlin – ihre kulturpolitische Funktion 2001
Berliner Biennale 1977
Neue Horizonte – das Haus der Kulturen der Welt
und der Blick auf andere Kulturen 1999
Stichworte zur Begründung einer kulturpolitischen Verantwortung
und kulturellen Zuständigkeit des Bundes in seiner Hauptstadt 2000
Adieu, Berliner Festwochen! Sprung aus der Zeit 1999
Das Atoll. Adieu, West-Berlin! 2009

III. Berlin im Licht – die großen Veranstaltungen
Preußen – Versuch einer Bilanz
Ausstellung · Dokumentation · Diskussion um den Martin-Gropius-Bau
750 Jahre Berlin 1987
Der Moses-Mendelssohn-Pfad · BERLIN,BERLIN
SternStunden · Die Reise nach Berlin
Topographie des Terrors
Ausblick 1981 · Provisorium 1987 · Stiftung 1995 · Baut bescheidener! 2004
Jüdische Lebenswelten
Ausstellung · Dokumentation · Jüdische Orte in Berlin 1996
Zum Millennium
Der Jahrhundertschritt · Sieben Hügel/Archäologie des 21. Jahrhunderts
Theatrum naturae et artis · Jahrhundertklang

IV. Wendezeiten – Zeitenwende
Stadtbild: Abbild – Sinnbild 1987
Jens Gerlach · Ruth Zechlin · Peter Graf 1988-90
Skulpturen · Zeichnungen · Bühnenbildner aus der DDR 1990
Das „Fest der Einheit“ 1990
Rückgewinnung einer mitteleuropäischen Kulturtopographie 1992
Ausverkauf statt Austausch. Vom Versagen europäischer Kulturpolitik 1993
Die Musik-Biennale der DDR – Ost-West-Kontinuität 1993, 1995, 1997
50 Jahre Frieden in Deutschland – zum 8. Mai 1995
„Deutschlandbilder“ 1997
50 Jahre Grundgesetz – Das „Fest der Demokratie“ 1999
Zehn Jahre danach oder: Ein schöner Traum nur? 1999
Die symbolische Stadt – Orte der Macht 1999
„Berliner Ring“ 1990, 2000

V. Kontrapunkte
Karajan und die Berliner Festwochen 1953 – 1988
Leonard Bernstein und die Berliner Philharmoniker mit Mahlers Neunter 1979
Probleme der internationalen Musikvermittlung 1979
Verdrängte Musik 1987
Eine Botschaft aus dem Exil – Der koreanische Komponist Isang Yun 1992
Von Berlin nach Berlin. Kurt Sanderling – Musiker und Zeitzeuge 1992
Von der Erschöpfung der Musik 1993
Der Intendant – Erinnerungen an den verstorbenen Wolfgang Stresemann 1998
Claudio Abbado – Freund und Zeitgenosse 1994
Orchesterprobe mit Abbado 1998
Claudio Abbado – Ein Berliner 2014
Vielfalt und Reichtum des Erbes 2000
Was ich mit Götz Friedrich ausheckte – Ein letzter Gruß von einem Dinosaurier 2000

VI. Interventionen
Dem Welttheater ein Haus 1996
Applaus der Stille 2001
Gegen Krieg – Zur Neuaufstellung des Liebknecht-Sockels 2003
Ab in die Mitte – Ein Zwischenruf wider das Verdrängen 2006
Berlin, Berlin: provokante Thesen 2016

VII. Theorie und Praxis des Kulturarbeiters
„Allein auf Profit zu schielen, ist tödlich“ 1997
Stadt-Kultur – Auswirkungen kultureller Ereignisse
auf Standorte und Stadtgeschichte 1989
Bevölkerungsentwicklung und Stadtkultur für das 21. Jahrhundert 1998
Feste! Spiele! Festspiele? 2004
Von den Annäherungen zu den Partnerschaften 1995
Nele Hertling – Mit Kultur für eine bessere Welt kämpfen 2004
Ethos und Effekt. Der Impresario und die Kulturpolitik 2006
Sinn und Tat. Die Verantwortung des Kulturmanagers 1999
Checkliste für Kulturarbeiter – den Studierenden am IKM der FU Berlin 2001
Wozu Kultur? – Ein kulturpolitisches Plädoyer 2001
„Ich habe mich als Ermöglicher verstanden“ 2017
2018: Kultur – Jetzt!