Bühnenbildner aus der DDR

Ausstellung im Kunstforum der Grundkreditbank 1990

Auf den Zeitvergleich 1988 im Neuen Kunstquartier und die Zwischenspiele 1989 in Kreuzberg folgen die Spielräume – so könnte der Titel unserer Ausstellung Bühnenbildner aus der DDR lauten – 1990 im Kunstforum der Grundkreditbank. Alle drei Aus­stellungen von Künstlern aus der DDR zeigen in drei Sektoren spezifische Eigenarten einer in über vier Jahrzehnten gewachsenen Kunstlandschaft. Die spezifischen Lei­stungen, die bildende Künstler in der DDR unter schwierigen Bedingungen entwickelt haben, fanden zunehmend internationale Beachtung und haben auch in mehreren Etappen die künstlerische Entwicklung in der Bundesrepublik beeinflußt.

Es gab durchaus ein Wechselspiel von Divergenzen und Konvergenzen – insbesondere auf dem Gebiete des Theaters, zumal der Einbeziehung der Malerei in das Bühnenbild. Die schon vor der Novemberrevolution des Jahres 1989 geplante und vorbereitete Ausstellung über Bühnenbildner aus der DDR, die jetzt zum Theatertreffen 1990 ge­zeigt wird, kommt ungewollt zum rechten Zeitpunkt, um am Beginn eines neuen Kapi­tels kulturgeschichtlicher Entwicklung in Deutschland Bilanz zu ziehen und um in der Zeit einer übermächtigen ökonomischen, materialistischen Einflußnahme auf die ge­sellschaftlichen Prozesse die Notwendigkeit deutlich zu unterstreichen, eine wider­standsfähige, sich kritisch verhaltende Kunst in die Fundamente eines neuen Gemein­wesens einzubauen.

Die sich absehbar entwickelnde wirtschaftliche Kraft eines in der Mitte Europas liegenden Landes bedarf dringend der kritischen Instanzen und Korrek­turen, um schon den Anfängen teutonischer Überheblichkeit zu wehren. Besonders in Berlin muß Wachsamkeit angemahnt werden – und Internationalität. Die künstleri­schen Entwicklungen in der DDR haben sehr viel zu tun mit Traditionslinien, die sich aus den emanzipatorischen und politisch gegenläufigen künstlerischen Zielen der zwanziger Jahre herleiten; Ästhetik und Inhalte haben unter widrigen Umständen spe­zifisch mitteleuropäische Visionen aufrechterhalten und überwintern lassen. Eine ernsthafte, respektvolle und genaue Auseinandersetzung mit dieser uns nun zuwach­senden Kunstpraxis wird nützlich für die Orientierung auf das Kommende sein und uns bereichern.

Das Theater war in der DDR eine kritische gesellschaftliche Instanz, ein Ort von Unruhe und Utopie, schließlich die Vorhut der Veränderung. Das Bühnenbild als Anwendungsbereich der Bildenden Kunst gab Künstlern die Möglichkeiten, ästheti­sche Freiräume zu nutzen und innerhalb eines relativ unabhängigen künstlerischen Kollektivs an gesellschaftlichen Zukunftsentwürfen teilzunehmen. Zur Gesamtanalyse der DDR-Kunst gehört also notwendigerweise dieser dritte, grenzgängerische Sektor der Arbeit bildender Künstler. Dem Verband Bildender Künstler der DDR ist für die Initiative zu dieser Ausstellung und für ihre Realisierung zum Theatertreffen 1990 zu danken. Die Grundkreditbank, in deren Kunstforum die Ausstellung einen besonders geeigneten Raum gefunden hat, ermöglichte in mäzenatischer Weise die Durchführung.

Ulrich Eckhardt, Vorwort aus dem Katalog zur Ausstellung, 1990